Nötigung zum Ausziehen / Achtung FKK

Dieser Weg, lieber Neon, liegt an einem Badesee, der ist mein Geheimnis. Versteckt im Wald ist er ein ehemaliger SandSteinbruch mit einsamen, idyllischen Terrassen und Kiefern und großen Steinen, die das Ufer säumen und beschatten. Eine VerweilHolzInsel treibt mitten auf dem See und auf weiche KieferNadeln gebettet vernimmt man nahezu mediterranen Charme, der die Sonnenstunden besonders schnell verstreichen lässt.
Dieses SeeGeheimnis hat auch eine RentnerBrigade, eine nackte Horde älterer Herren. Ausgerüstet mit tagesverpflegenden Tiefkühltaschen und Klappstühlen sehen sie es gar nicht gern, wenn man bekleidet am und im See ist. Schließlich hängen dort FKK-Hinweisschilder!

In der Landschaft meiner Kindheit war Nacktheit im Sommer Tagesgeschehen - sehr zu meinem Leidwesen. Mein Vater prägte die Aussage „Ich bin noch nie mit Badehose in der Ostsee gewesen“ Und das stimmt - nicht aber unbedingt das was der Pfadfinder gern erzählt: dass er meine Eltern nackt kennengelernt hat. Er deutet dabei ausschweifende Gesten an, die die üppigen Rundungen sekundärer Geschlechtsmerkmale, die ich nicht geerbt habe, nachempfinden sollen. Auch meine Großmutter war freizügig: sie lag nackt in der Wanne, bat Gäste ins Bad und wollte sich gern unterhalten.
Mich irritierte und überforderte dieser Naturalismus kolossal - und auch heute, wenn ich mir die nudistisch runden Senioren am See anschaue, die auch manchmal Begleitung haben von ihren ebenso konvexen Frauen, erscheint mir Nacktheit - besonders zwischen einem Paar - doch sehr intim und gehört in diese andere Welt, die vertraut und ausschließend ist oder jene, die sich meist zwischen den Laken abspielt. Oder wo man möchte. Aber für mich nicht in bierseliger Runde am Badesee. Ich kann mir vorstellen dass Schamhaftigkeit und der körperliche ReaktionsBezug verloren geht mit dem Alter oder manche das auch nie hatten.
Mit Freundinnen habe ich gelernt nackt zu sein, beziehungsweise ich lerne es noch. Sauna hilft.
Wenn das Wetter zustimmt dann führen mich Arbeitswege mindestens zwei mal die Woche zum See - und ich habe immer Badesachen im Auto. Im letzten Jahr hat mich ein besonders aufgewiegelter Nacktverfechter mehrfach bepöbelt. Ich würde schmarotzen indem ich mich nicht der FKK Pflicht unterwerfe. Heißt das: alle gleich also dürfen alle gaffen?
Das es diesem keifenden Idioten nicht in den Sinn kommt, dass seine Aufforderung meine Kleidung abzulegen eine Nötigung ist? In Anbetracht der Alters- und Geschlechtsdifferenz auch noch eine zutiefst sexistische.
Wie es dieses Jahr weitergeht - vielleicht hat Coroni die strittigen Punkte geklärt - angesichts der hohen Todesrate in diesem Kreis möglich. Andernfalls steht wohl ein Duell ins Haus bzw. an den See. Ich wähle die Waffen.
NeonWilderness - 2021/05/14 19:58

Weiches Kiefernadelbett klingt schön und selbst für nackige FKK-Hintern ungefährlich (hm, vllt. doch besser mit extradickem Superwuschelbadetuch von Möve, just to be on the safe side).

Und bitte nichts gegen FKK-Rentnerbrigaden mit Tagesfreizeit und Steier Safari-Fernglas! Irgendwann werde ich ja auch mal soweit sein und plane schon jetzt, mindestens die Hälfte der Woche ausschließlich an FKK-Seen zu verbringen und eine ausschweifende Promotionsarbeit über sekundäre Geschlechtsmerkmale konvexer Frauen zu beginnen. FAME!!

Ich glaube, die Gelegenheiten, an denen ich meine Mutter nackt gesehen habe, kann ich an einer halben Hand abzählen — und da zählt meine Geburt schon dazu. Sie war darin sehr scheu, obwohl auch Hardcore-Lebenslust-Rheinländer, aber Gäste nackt in der Badewanne empfangen wäre für sie eine unverzeihliche Sünde gewesen, die sie geradewegs in die Zwischenhölle katapultiert hätte.

Ja, Sauna hilft, Dinge einzupendeln, auch ganz diverse: als der kleine Neon frischer Strategieberater war und das erste Mal auf C-Level-Ebene präsentieren sollte, hatte er veritablen Bammel und ich riet ihm, sich seine Gegenüber einfach mit ihm in der Sauna vorzustellen, darüber würde sich einiges nivellieren. Was es auch tat. Merke: Nackte Vorstände wirken fast wie normale Menschen.

Natürlich wäre es Nötigung, jemanden zur Nacktheit zu zwingen. Andererseits gibt es an FKK-Orten das Prinzip der Gleichheit der Waffen. Für Männer gilt dieses Prinzip wohl noch verstärkt, da eine Frau sicher weniger anfällig dafür ist, die freischwingenden Objekte von FKK-Rentnerbrigaden zu begaffen. Umgekehrt ist das wohl ein häufigerer Use Case. ;) Wieauchimmer: unentkleidet ist es wohl stimmiger, sich ein anderes Plätzchen am See zu suchen und der sonst unausweichlichen Diskussion aus dem Weg zu gehen.

eika - 2021/05/15 14:55

Neon, rosiges Zukunftmodell!
Lebenslanges lernen. Ich biete mich als wissenschaftliche Mitarbeiterin an. Kann aber nur quantitativ und mit der Kommasetzung .. naja.. wenn es aber gelänge Fischkonserven noch irgendwie einzubeziehen rege ich ein Promotionskolleg an!

Da haben wir jetzt wohl die Grenzräume des Spektrums vom familiären Umgang mit Nacktheit abgebildet. Das aber die "Hardcore Lebenslust" nicht mit der (familiären) Liberalisierung des nackten Körpers korreliert find ich fast schade. Da fehlte wohl die Sauna?

See: und mich verwundert dein sagen-wir-mal Ratschlag eine andere Stelle zu suchen. Ich seh hier den Rechtsstaat klar auf meiner Seite. Es gibt kein FKK Gesetz - eher das Gegenteil. Und die haben die schönste Stelle okkupiert. Und die will ich auch - zweimal die Woche für ein paar halbe Stunden. Und mit 10 Metern Abstand. Und mit Schlüppi.
NeonWilderness - 2021/05/22 18:38

Habe mich spontan umentschieden und möchte vor meiner Promotionsarbeit noch eine wissenschaftliche Feldstudie über krawallgebürstete FKK-Schlüppi-Trägerinnen machen, die am See zwischen brunftigen Rentnerbrigaden verträumt an Fischkonserven nuckeln.

Inspriration

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