failing feminist

Und am Abend des internationalen Frauentags, an dem kein Mann in meinem Leben -obwohl größtenteils ostsozialisiert- auf die Idee kommt diesen Tag zu benennen und/oder jedwede Glückwünsche auch nur ungefähr in meine Richtung zu positionieren - bin ich dann doch einverstanden – oder etwas irritiert – auf jeden Fall zerissen. Ich weiß nicht warum es da Glückwünsche braucht, unbedingt richtig Clara Zetkin zu gedenken und all der rastlosen Frauen, die erstritten haben, dass es formal gleichere Rechte gibt in Sachen Kreuzchen machen und so weiter. Aber andererseits bin ich nicht naiv/verblendet genug zu meinen, dass Geschlechtszugehörigkeit zum Glückwunsch gereicht. Und ich möchte auch von niemandem bewünscht werden und damit –so bilde ich mir ein wird eine Art Solidarität ausgedrückt - wo der/die Aussprechende meint Feminist:in zu sein, aber lebt wie in 1960. Das sind vorallem Väter, die eigene Kinder „babysitten“ aber auch schon mal das Kind aus der Kita holen, wenn die Frau mal nicht kann. Oder er meint, dass der Haushalt gleich verteilt wäre aber nicht weiß wie die Waschmaschine zu bedienen ist oder wo die Bettwäsche verstaut ist. Oder die, die meinen Cunnilingus stünde mit ihrer bevorzugt dominanten Sexualrolle im Widerspruch. Es sind auch die Frauen, die Mutterrollen so ernst nehmen, dass sie Dankeskarten nach Spielnachmittagen schicken.

Und hier und jetzt möchte ich auch konstatieren, dass der Innenraum meines Autos, wie auch der unpolierte Zustand der Wohnung, ein gesunder feministischer Ausdruck des nicht scherens ist, des nicht unbedingt übernehmen müssens - und es mir damit immer besser geht. Bis ich wieder verzweifelt einen lieben netten Reinigungsmensch suche, der seien wir ehrlich eine Frau sein wird (wo ist da der Feminismus?), und zum freundlich putzen kommen soll, heimlich den Whisky wegtrinken darf, aber herrje, ich find ja eh niemanden. Hier im ländlichen Speckgürtel Dresdens ist sich jede Frau zu schade dafür. Ist ja auch gut so. Also weiter mit angesifften Oberflächen und Wollmäusen in den Ecken. Kommt ja halt auch niemand zu Besuch. Jedenfalls niemand, der nicht so schon in alle persönlichen Abgründe geschaut hätte, das man meint man müsse die Wohnung putzen um ein Bild von funktionierender erwachsener Frau aufrecht erhalten.

Und dann ist es schon halb 11 am Weltfrauentag und Lars kommt nach der Arbeit vorbei und reicht mir die nach der Sonnenblume hässlichste aller Blumen - eine Gerbera - und gratuliert. Und das ist trotz aller Ambiguitäten doch schön. Sehr schön sogar. Gerade von ihm, dem nun wieder das ganze Jahr Menstruationswitze vergeben werden, und der es selbst nicht ertragen kann, wenn man ihm zum Geburtstag gratuliert und lieb ist und Kuchen backt.
Alles Gute nachträglich zum Frauentag, liebe Frauen und alle die sich so fühlen.

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C. Araxe - 2021/03/09 19:08

Ich hätte ja gedacht, dass der Frauentag im Osten immer noch und mehr zelebriert wird. Mittlerweile habe ich gar keine engen Kontakte mehr, so dass ich den Verfall der sozialistischen Sitten gar nicht mitbekommen habe.
Vor ein paar Jahren hat mir mal überraschenderweise ein brasilianischer Kollege gratuliert. Und hier scheint der Tag zunehmend erfolgreich von Werbemaßnahmen der Floristikbranche okkupiert worden zu sein. Pünktlich zum 8. März durften hierorts ja auch wieder die Blumengeschäfte öffnen und das kleine Monster berichtete mir von langen Schlangen.
Was das Putzen betrifft, denke ich ähnlich stolz und selbstbewusst im Schlampenmodus, wobei ich inzwischen doch schon seit längerer Zeit einen Putztag pro Woche eingeführt habe. Und auch wenn ich schon öfters mal damit geliebäugelt habe, so kann ich mir nicht vorstellen, dass eine Putzkraft im RL-Gruselkabinett die passende Option wäre. Aus mehreren Gründen.

eika - 2021/03/11 23:37

so in Gänze kann ich keine Einschätzung der hiesigen Frauentagskultur geben. Frauen gratulieren gern und viel und vor allem die Gescheiten!
Dass Brasiliens Floristen florieren mit sinnvollem Hintergrund freut mich.
Schlampenmodi triffts. EIN Putztag pro Woche nenn ich ambitioniert... Das eine Reinigungskraft kommt heißt vor allem man räumt vorher für diese auf - und schafft es dann zu halten und schwupps ist's immer schön. Bei Gruselkabinetten kenn ich mich aber nicht aus, wir sind eher die Zuckerwattebude mit Glückslosangebot.
NeonWilderness - 2021/03/11 19:47

Late to the party: bin ziemlich spät dran wg. Weltfrauentag, weil ich durch andere Fragen total abgelenkt war. So, und nachdem jetzt dieses Männerklischee auch gewohnt unterirdisch abgeräumt ist, möchte ich noch anmerken, dass Frauen doch gar keinen #InternationalWomensDay brauchen: den zu feiern (oder seitens Mann noch zu beglückwünschen) hat aus meiner Sicht so etwas wie auf dem Balkon klatschen, einen Lavendel pflanzen oder eine Kerze ins Fenster zu stellen. Also Tagesaufmerksamkeit und Empathie mit rapider Halbwertzeit.

Was Frauen brauchen, ist gleiche Bezahlung, flexible Arbeitszeiten, Führungspositionen, Vorstandssitze und Männer, die selbstverständlich als Sozius hinten auf dem Motorrad mitfahren.
🏍️🥵

eika - 2021/03/12 13:14

naaaaa , lassen Sie uns der Thematik mal wieder überirdisch begegnen, Herr Neon!
Versteh die Vegleiche mit dem Balkonklatschen. Das hat was davon ja.
Dennoch: mit dem Tag sollte im besten Fall nicht (nur) gratuliert werden, sondern es braucht eine Begegnung mit dem Kontext einer historisch-gesellschaftlichen Einordnung in gewachsene Diskriminierungsstrukturen, die - wie Sie sagen - gipfeln in der Bezahlung, unbegleiteten Führungspositionen und das schlimmste: unflexiblen Motorradpositionen.
Im Übrigen las ich Folgendes mal auf dem Rücken der Lederjacke eines Zweiradfans: Wenn du das hier liest ist die Alte hinter mir herunter gefallen.
:D :D :D
soviel dazu.

Ich will hier aber gar keine Ungerechtigkeitsdiskussion, ich fände es gut wenn breit medial und bildungspolitisch begleitet geschaut wird: wie wars, wie isses und warum ist es so. Warum wollen Frauen mitunter gar nicht in Führungspositionen. Warum kacken Männer in anderen Lebensbereichen überdurchschnittlich häufig ab ;-) Und nicht nur das Sonderfeature im DLF, ich will RTL2!
Und mit solchen Tagen, wo auch mal geklatscht wird, ja - da gibt es im Hintergrund, gerade in der Projektarbeit auf kommunaler Ebene auch Arbeitsgruppen die das zum Anlass nehmen und Jahrespläne und Aktionen schmieden, die sind sehr kreativ, provokant und fein mitunter ;-)
Will sagen: es braucht den Internationalen Frauentag! Unbedingt! Aber einen Besseren!

Und bei mir darf jederzeit Lavendel gepflanzt werden!

Inspriration

herzileingx7

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NeonWilderness - 2021/06/12 14:19
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