Willkommen zum Landlust Blog.
Als noch kleines Kind verglich ich zwanghaft die untere Gesichtshälfte meiner Mutter mit der anderer Mütter. Fremden wie bekannten. Die Kontur meiner Mutter war straff definiert, geradlinig und schön. Da gab es kein herumdeuteln in der Zuweisung der Körperareale Kinn, Hals & Gesicht. Ihre Proportionen fügten sich der nach Harmonie trachtender Handschrift italienischer Renaissance Bildhauer in unumstößlicher Klarheit, Symmetrie und Ausgewogenheit.
Bei sorgsamer Betrachtung fiel mir auf: die Übergänge andere Mütter sind häufig weit weniger moduliert, manchmal fleischig oder wulstig oder runzelig oder schlicht nicht vorhanden - es ging direkt von Gesicht in den Hals über. Manchmal ging auch, im Profil betrachtet, Hals in schräger Verbindung direkt in Kinn über. Für mich standen diese undefinierten Linien in ihrer Ästhetik weit hinter denen die meine Mutter aufwies.
Ich ertappe mich auch heute noch dabei Kinnlinien von Müttern mit Kindern in einem gewissen Alter zu klassifizieren. Diese reichen meist noch immer nicht an das mütterliche Vorbild heran, welches ich, den 90ern entwendet, im Kopf habe.
Zustandekommen und Widerhall des kindlichen Gesichtsfetisch irritieren mich. Es muss aber wohl relativiert werden in Anbetracht des globalen Schönheitsgefühles aller Kinder gegenüber ihren Müttern und des Fakts, dass mein infantiler Kopf wohl schon damals elsterhafte Tendenzen hatte und Schönes und Funkelndes suchte..
Lese viel und schlafe viel. Da is so viel Schlaf wie sehr lange nicht mehr. Sauna macht müde, abends heimlich ins Schwimmbad schleichen auch. Und der neue Houellebecq ist eine literarische Zeitreise für mich. Und wenn man bei Seite 50 angekommen ist und es ging noch nicht um Sodomie, abgefuckten Suizid, Mord und Sex mit Tieren (was ist da der “Fachausdruck” von? kein Scheiß Netz hier aufm Berg) da ist man ja quasi enttäuscht. Gibt aber keinen Grund. Houellebecq bleibt wie er ist. Rufe den Antihelden an (Zimmerfestnetz!), wir sprechen über früher. Möglichkeit einer Insel. Plattform. Prägende Sprache und provokante Geschichten korrespondierten damals mit dem egozentrischen und gefühlsgehemmten Umgang miteinander und der Welt. Er weiß alles noch. 16 Jahre später. Fast so alt ist unser Kind.