Gehe heut mit Lotte auf ein Konzert.
Hab vergessen wie das geht.
Heißt aber eigentlich: weiß nicht was ich anziehen soll.
Die Sollhandlungen und ihre Bereiche überschlagen sich. Deadlines. Ich schluder traditionell mit der Dokupflicht der Arbeit. Da gibts aber eine gefährlich nahe Todeslinie. Und ich habe das dieses Jahr noch nicht einmal gemacht. Heute ist also der Tag ungefähr 10 bis 12 Stunden lang stupide die immergleichen Handlungen vorzunehmen und hieroglyphisch zu raten was ich da für Kürzel hingeschmiert hab oder wer zum Teufel Herr W. wieder war... fuck is das hart. Die Kolleg:innen die das tagesaktuell hinbekommen sind mir mehr als suspekt.
Alle 6 Monate schwöre ich mir mich zu bessern - auch suspekt zu werden. Und dann .. bin ich doch immernoch die Gleiche.
Aufschieben bis zum Schmerz. Nur die Dinge machen, die Spass machen und/oder herausfordernd sind.
Oder wie stand es schon im Zeugnis: Mareike ist dankbar für jede Ablenkung.
Mareike wird auch dankbar für jede Ablenkung bleiben. Scheiß Optimierung.
Sonst weiter Öffnung. Gestern abend erste Präsentation vor Publikum in einer Turnhalle. Fancy Technik. war gut und Anziehen war einfach. Es gab auch Blumen.
ich denk ich fahr erstmal zu Ikea. Schöner-Wohnen-Bestrebungen rückgängig machen und Dinge sehen.
Um halb vier die Nacht zu Ende.
Die Unvereinbarkeit der Dinge.
Vögel sind laut. Umzug aufs Sofa. Auch Paul Austers großväterliche Stimme bringt keinen Schlaf. Nur neue Ideen. im Gedankenkreisverkehr. Versucht eine Email zu schreiben und sie verworfen. Dann ist es hell und ich kann eine Runde durch den Wald rennen und die Dinge aus mir heraus schütteln. Zu faul mich ganz anzuziehen. Denke mich sieht sowieso niemand. Natürlich falsch. Der Taxifahrer schaut. Bisschen frisch. Muss schneller laufen.
Hinab ins Tal.
In den Blättertunnel am mäandernden Fluss. Da im holprigen Fließgewässerabschnitt steht der Fischreiher wie ein König. Sein milchiges Knopfauge durchbohrt mich.
Manchmal spielen wir fangen. Er fliegt ein paar hundert Meter weiter, ich komme und Wiederholung. Bis es ihm reicht und er sich elegant auf eine der hohen Buchen zurückzieht, mit dem s-förmigen Hals bizarr von oben herab taxierend.
Heute aber ist er zum ersten Mal nicht weggeflogen.
Ein Synonym für lasst hundert Blumen blühn
Lotte fragt was mein Maß ist bei der Geschwindigkeit der Seele? Wer gibtn das vor?
Es braucht soviel Zeit wie es braucht und ich nehm mir die Zeit.
Und es ist voll ok, das System arbeitet gut.
Die Traurigkeit hilft besonderes fühlen zu verabschieden.
Ich wink mit einem weißen Taschentuch hinterher.
bis Leichtigkeit und Lockerheit kommt.
Und beim aufwachen da liegt man.
Und da ist es besonders schwer.
Weil Angst und Reminiszenz durch den ganzen Körper wabert
- wenn man aufrecht ist bleiben die unten an den Füßen und Knöcheln.
In dem anderen Bereich ist es sehr viel besser. Da hab ich ein neues Betriebssystem. reboot. Das funktioniert bestens, doch fehlen auch die alten Pfade, die waren so gut ausgetrampelt und haben Sicherheit und Ordnung gegeben. Nun liegt was zugedeckt war brach. Und alles ist möglich in dieser Brache. Auch Gesundung. Ich bin noch überWELTigt und fühle alles auf einmal. Die Pfade hatten ihren Zweck...
Bin im Betatest, bisher keine bugs gefunden,
bin aber auch noch dabei das Handbuch zu lesen.
Die Kapitel haben hoffnungsvolle Überschriften.
Ich habe vor ein paar Wochen einen Film gesehen mit einem lächerlichen Titel. Muss aber immer noch an die Geschichte denken ohne so richtig zu wissen warum.
Verkauft wird er als romantische Komödie. Stimmt aber nicht.
Hier der Plot:
Abigail aus Brooklyn ist eine alleinerziehende und strukturiert-exakt-liebevolle Mutter von zwei Kindern im Grundschulalter und hat eine bedächtig-bunte Karriere als Kinderbuchillustratorin. Zu einem Frauenabend überredet der keiner ist, blinddated sie in einer Bar Benjamin, 38-jährig. Hatte noch nie eine Beziehung die länger als sechs Monate dauerte.
Diesem Muster folgend verkündet er trotz oder gerade wegen der Blicke, der anregenden Unterhaltung und viel Gegenseitigkeit, dass das, was da gerade greifbar keimt, dem Untergang geweiht ist. Er nimmt Druck raus indem er eine titelgebende Liste beginnt von Dingen, die to do sind before they break up. (Cheesy, ja.)
“in einem Taxi rummachen", "surfen lernen" und „Sonntags im Bett Zeitung lesen“…. den ersten Punkt haken sie gleich an diesem Abend ab und einen Monat später pinkelt Abigail auf einen Schwangerschaftstest und stellt fest, dass sie schwanger ist.
Ok. so weit. Wer jetzt weiter liest erfährt wies ausgeht.
Und dann wird’s schnell. Abi wägt ihre Optionen ab, Ben schlägt die Info danieder. Er bittet aber um Teilhabe an ihrem Leben. Dann folgt ein einfacher, sparsamer Blick auf die Kennenlernphase: von ihm arrangierte fröhlich-verrückte Dates, die sie anregen und für ihn einnehmen - und sie nimmt ihn mit in ihre Familienwelt. Kinder, gemeinsame Zeit, Spiele, Routinen.
In umgekehrter BeziehungsReihenfolge sagt Ben: “Jetzt müssen wir uns nur noch verlieben“… Und sie verfallen in einen Rhythmus in gleichem Maße wie der Bauch wächst. Ben lebt bald bei Abi und den Kindern, und man schaut dabei zu wie sie unbewusst im vorbeigehen sämtliche Dinge der Liste im Alltag erleben.
Außer dem Trailer ist nichts banal oder kitschig.
Die Geschichte ist abwägend erzählt, zurückhaltend, nicht wertend. In effektiven Dialogen entwickeln sich realitätstreue Charaktere.
So entscheidet sich Abi zur Abtreibungsfrist dafür das Kind zu bekommen. Sie erntet das völlige Unverständnis ihrer Freundin. Ein heftiger Streit entfacht. Kontaktabbruch. Und als Zuschauer:in will man der Freundin sagen, was für eine schwarzmalerische unromantische missgünstige Person sie ist.
Und dann sagt Ben, in diesem neuen Familiennest eingerichtet und abends mit Abi und ihrem Riesenbauch im Bett, lesend: Das fühlt sich genauso an, wie das, was er schon immer wollte. Er sagt er sei verliebt in sie. Später schlägt er vor zu heiraten.
…
Paar Wochen vor.
Bens Ex-On-Off Freundin erscheint. fadenscheinig. Im Café. Will wissen wie es ihm geht, im neuen Nest. Augenaufschläge. Erinnert ihn wer er früher war. Wie ungezwungen und locker alles früher war.
Er geht mit ihr. Den ganzen Tag.
Verpasst Verabredungen mit Abis Kindern und als er am Abend spät und angespannt und voller Reue (?) zu ihnen nach Hause kommt ist er so von der Familiensituation eingeengt und überfordert, dass er die Kinder und Abi zusammenschreit. Abi vorwirft wie langweilig sie ist. Eine so heftige Reaktion. Diesem mit der heißen Nadel geflickten Kartenhaus aus FamilienVisionen, was dort zusammenbricht, ist kaum zuzusehen.
Er zieht aus.
Abspann.
Kurzer Blick in die Zukunft: Abi allein mit ihren drei Kindern.
10 things we should do before we break up.
Der Titel sagt alles voraus, und doch ...ich kann nicht genau sagen warum mich das bewegt. Bekannte Stationen ja.
Und auch besonders das vor Augen führen, dass man Fehler wieder und wieder machen kann.
Und das Irren in sich und anderen. Der Verletzung preisgegeben.
Worte ohne Wert.
Und das tricksen in eine Illusion. Beidseitig.
Und Freundinnen die alles klarer sehen.
Und das nicht aus seiner Haut können. Niemals.
mag sein es ist geholfen
wenn Illusion klart
die nichts hinterlässt
nichtmal Wert und Geltung
besser summen und ruhen
für Mauern aus Gedanken und Selbstwert
oben winde ich Stacheldraht
und nur der Mond hört mir zu
bin doch aufrecht gegangen
zehn mal mehr Zeit gekauft
und weder Wort noch Hand
gehalten
weiß nicht was Vergebung ist
werde rennen
und auch kriechen auch
mit aufgeschlagenen Knien
sage nichts
zu meinem Gefallen kein Wort
deine Gunst ist so wertlos
wie es meine ist
ich verleugne mit Liebe
meine Liebe
das ist alles was ich weiß
und alles was ich finden konnte
Und nachdem da gestern Durchbrüche und Erkenntnisse waren,
nach einem Jahr und einem halben,
nachdem wir barfüßig-schneidersitzig auf dem Praxisfussboden Schokomuffins gegessen haben,
nachdem ich es verstanden hab,
nachdem sie mich dahin geführt hat,
nach so vielen Rückschritten,
sagt sie am Ende der Therapiestunde
“nächsten Monat höre ich auf.”
fuck.